Frühkeltisches Prunkgrab bei Heuneburg im Block geborgen

Blockbergung eines frühkeltischen Prunkgrabes nahe der Heuneburg am 6. Oktober 2020.
Blockbergung eines frühkeltischen Prunkgrabes nahe der Heuneburg am 6. Oktober 2020. Foto: RPS-LAD, Christoph Steffen/Markus Steffen.

„Ich freue mich sehr, dass die Denkmalpflege mit ihrer erfolgreichen Forschungsarbeit seit Jahrzehnten spektakuläre Einblicke in die keltische Zeit in unserem Land ermöglicht“, sagte Staatssekretärin Katrin Schütz heute (6. Oktober) anlässlich der Blockbergung eines frühkeltischen Prunkgrabes nahe der Heuneburg bei Herbertingen. „Durch die langjährige und systematische Forschungsarbeit des Landesamtes für Denkmalpflege gehört die Heuneburg zu den am besten erforschten keltischen Fundstätten in Deutschland. Der neueste Fund – ein außergewöhnlich großes und aufwändig gestaltetes Holzkammergrab aus dem 6. Jahrhundert vor Christus – verspricht weitere spannende Erkenntnisse. Erste Fundstücke aus Gold und Bernstein lassen erahnen, dass in dem Grab eine bedeutende Persönlichkeit von der Heuneburg bestattet liegt“, so Schütz.

Die Heuneburg gilt als älteste Stadt nördlich der Alpen und ist eine der bedeutendsten prähistorischen Fundstätten Mitteleuropas. Seit 2019 untersucht das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart in der Donauebene unterhalb der Heuneburg im Gewann Bettelbühl einen frühkeltischen Großgrabhügel.

Da eine fachgerechte Freilegung der Bestattung vor Ort nicht durchgeführt werden kann, wurde die gesamte Grabkammer heute im Block geborgen. Der Block hat ein Gewicht von etwa 80 Tonnen, ist ca. 8×6 m groß. Er wurde mit Hilfe von zwei Schwerlastkränen gehoben und anschließend zur weiteren Untersuchung in die Labore des LAD transportiert. Das Grab wird in den nächsten Jahren von Archäologen, Restauratoren und Naturwissenschaftlern des LAD unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Krausse mit modernsten wissenschaftlichen Methoden untersucht und verspricht vielfältige neue Erkenntnisse zur Geschichte und Kultur der frühen Kelten des 7. bis 5. Jahrhunderts v. Chr. Die Arbeiten werden im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes durchgeführt, das sich der archäologischen Erforschung des Umfelds der Heuneburg widmet.

Hintergrundinformationen

Eine Sondagegrabung im Hügelbereich hatte ergeben, dass die Hölzer der Grabkammer und auch Grabbeigaben aus organischen Materialien teilweise noch erhalten sind, was im archäologischen Kontext nur äußerst selten vorkommt. Gleichzeitig haben die denkmalfachlichen Untersuchungen ergeben, dass diese wissenschaftlich außergewöhnlich wertvollen Objekte durch die extreme Trockenheit der vergangenen Jahre bereits Schaden genommen haben und auch vor dem Hintergrund der fortschreitenden klimatischen Veränderungen akut gefährdet sind.

Erste Funde, darunter Grabbeigaben aus Gold und Bernstein, nähren außerdem die Hoffnung, dass eine vollständige Untersuchung des Grabes wesentliche neue Erkenntnisse zu zentralen, bisher ungeklärten Forschungsfragen liefern könnte. Denn bereits 2005 und 2010 wurden nur 100 m entfernt von der jetzigen Ausgrabungsstelle die Gräber einer vornehmen keltischen Dame und eines ca. dreijährigen Mädchens freigelegt, die mit außergewöhnlich reichen Beigaben bestattet worden waren, darunter einzigartige Objekte aus Gold, Bernstein und Bronze. Die dendrochronologische Datierung der Eichen- und Tannenhölzer der Grabkammer ergab zweifelsfrei, dass die vornehme Dame, die in Forschung und Öffentlichkeit inzwischen als „Fürstin vom Bettelbühl“ Bekanntheit erlangt hat, im Winterhalbjahr 583/582 v. Chr. bestattet worden war.

Daraus ergeben sich für die Archäologen vielfältige Fragen, die in den kommenden Jahren beantwortet werden sollen. „Wir wollen herausfinden, wer diese prunkvoll bestatteten Personen sind und in welcher Beziehung sie zueinander standen. Wir gehen davon aus, dass es sich um nahverwandte Mitglieder der politisch führenden Familien handelt, die um 600 v. Chr. das Sagen auf der Heuneburg hatten“, so Projektleiter und Landesarchäologe Prof. Dr. Krausse.

Nach Pressemeldung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg

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1962 in Haan bei Mettmann geboren, promovierte Dirk Krausse bei Alfred Haffner in Kiel über die kulturgeschichtliche Einordnung der Trinkund Speisegeschirre aus dem Grab von Hochdorf. Die Kelten bestimmen seither seinen beruflichen Werdegang, zuerst an der Uni in Kiel und dann seit 2003 am Landesamt für Denkmalpflege in BadenWürttemberg, wo er seit 2008 die Aufgabe des Landesarchäologen wahrnimmt.
Am Institut für Ur-und Frühgeschichte und Archäologie des
Mittelalters der Universität Tübingen hat Krausse seit 2011 zusätzlich eine außerplanmäßige Professur inne.