Bayern: Keltische Frauen an der Spitze?

Keltische Frauen
Ingolstadt-Seehof. Röntgenaufnahme einer Blockbergung: hell Fibeln aus Bronze, am Rand etwas unscheinbarer eine aus Eisen. Länge der Fibel unten etwa 13 cm. Foto: T. Stöckl/BLfD.

Vor etwa 2300 Jahren, am Übergang von der Früh- zur Mittellatènezeit, fanden zwölf Kelten ihre letzte Ruhe in Ingolstadts Ortsteil Seehof. Es handelt sich um eine Gruppe von elf Bestattungen und ein einzeln liegendes Grab. Diese Menschen hatten wohl nicht weit entfernt am Ufer eines Baches gelebt, wo noch Reste ihrer Holzbauten erhalten waren.

Die Grabgruppe ist eine von nur wenigen in Süddeutschland und ragt durch besonders reiche und gut erhaltene Beigaben heraus. Die Bestatteten, erwachsene Männer und Frauen sowie Kinder, wurden auf dem Rücken liegend mit dem Kopf im Norden in tiefe Grabgruben, einige wohl sogar in Baumsärge gelegt. Ein Grab weicht vom typischen Bestattungsritus dieser sogenannten Flachgräber der Frühlatènezeit ab, da die Knochen verbrannt in eine kleinere Grube gegeben wurden – eine Begräbnisform, die sich in der Mittellatènezeit ab etwa 250 v. Chr. durchsetzte.

Die Gräber waren mit vielfältigen Beigaben ausgestattet, insbesondere jene der Frauen: jeweils bis zu sieben Bronzefibeln, mehrere Armringe aus Bronze und Kaustobiolith, einem Gestein aus Faulschlamm oder Kohle, massive verzierte Fußringe aus Bronze, verschiedenste Gürtelketten aus zahlreichen Bronze- und Eisenteilen, Glasperlen, Bernsteinperlen, ein goldener Fingerring, feine Keramikgefäße und Tierknochen als ­Speisebei­gabe, darunter ganze Schweineschädel. Sogar Reste der Kleidung – pflanzliche Fasern von gewebtem Textil und eventuell Leder – haben sich erhalten. Kinder und Männer waren dagegen schlichter mit Eisenfibeln, Eisenringen und Bronzearmringen ausgestattet. Bemerkenswert ist das Ausbleiben von Waffen, die zwar in den Gräbern dieser Zeit selten sind, sich aber gelegentlich in ähnlichen kleinen Friedhöfen finden.

Könnte es sich bei den Kelten von Seehof, die noch vor Gründung des nahe gelegenen Oppidums Manching lebten, um eine Familie einer sozialen Oberschicht handeln? Standen vielleicht sogar Frauen in der Gemeinschaft an der Spitze der sozialen Pyramide? 

| V. Planert, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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