Forschung an Rinderknochen gibt neue Aufschlüsse über die Eisenzeit in Österreich

Fotografische Details von Rinderunterkiefern aus den verschiedenen Fundstellen (© NHM Wien).

In einer neuen wissenschaftlichen Studie des NHM Wien wurde anhand von Rinderknochen in Erfahrung gebracht, dass bereits in der Eisenzeit zwischen 450 v. Chr. und dem Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. Rinder aus dem Mittelmeerraum in Gebiete des heutigen Österreichs kamen. Die Ergebnisse liefern erstmals genetische Hinweise für die Mobilität und den Import von Rindern aus südlichen Regionen und ermöglichen neue Aufschlüsse über die sozioökonomischen Strukturen der Bevölkerung der Eisenzeit.

Insgesamt 14 Proben von Rinderknochen aus der Eisenzeit wurden für eine groß angelegte archäozoologische Studie untersucht und liefern neue Erkenntnisse über die Vorkommen und Mobilität von großwüchsigen Rindern. Teile von Unterkiefern (Knochen und Zähne), Mittelhandknochen und Schienbeine, die zwischen 1992 und 2011 in Wien, Niederösterreich (Roseldorf) und dem Burgenland (Nickelsdorf, Bruckneudorf) gefunden wurden und sich heute in den archäozoologischen Sammlungen des Naturhistorischen Museum Wien befinden, wurden im Laufe des letzten Jahres von einem Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Konstantina Saliari (Archäozoologin am NHM Wien) wissenschaftlich untersucht. Dabei wurden am NHM Wien die Knochen vermessen und makroskopische Analysen durchgeführt (sogenannte morphometrische Untersuchungen) und DNA-Analysen am Institut für Gerichtliche Medizin an der Medizinischen Universität Innsbruck durchgeführt.

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Untersuchungsdaten von römerzeitlichen Rinderknochen aus Fundstellen im heutigen Österreich weisen auf das Vorkommen einer großwüchsigen Rinderpopulation hin. Bisher wurde angenommen, dass diese Population mit den Römern aus dem Mittelmeerraum gekommen war.
Die neuen Untersuchungen der Knochen aus spät-eisenzeitlichen Fundstellen belegen nun jedoch weitaus frühere Importe. Neben dem Vorkommen einer weitverbreiteten europäischen Gruppe von Rindern mit einem ähnlichen genetischen Profil, Haplogruppe genannt, konnte die Studie nun anhand von untersuchten Zähnen und Knochen auch erstmals zwei genetische Gruppen aus südlichen Regionen im heutigen Österreich nördlich der Alpen nachweisen. Eine der beiden genetischen Gruppen (Haplogruppe T1) ist in Europa nur in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal verbreitet, die andere (Haplogruppe T5) ist bisher nur in Italien und Kroatien dokumentiert.
Das bedeutet, dass großwüchsige Rinder aus dem Mittelmeerraum bereits vor der Ankunft der Römer (ca. 15 v. Chr.) in der Frühen Eisenzeit in diese Gebiete importiert wurden.
 
Diese Studie an Rinderknochen zeigt zum ersten Mal anhand genetischer Hinweise, dass Mobilität großwüchsiger Rinder und der Import über eine größere Distanz stattgefunden hat. „Weiters zeigen diese neuen Forschungen das große Potential der Kombination morphometrischer und archäogenetischer Untersuchungen an Tierresten, um die komplexen sozioökonomischen Strukturen und Netzwerke der Vergangenheit beleuchten zu können“, betont Dr. Konstantina Saliari.
 
Link zur Publikation in „Journal of Archaeological Science: Reports“:
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2352409X23000172?via%3Dihub

Nach Pressemitteilung des NHM Wien.

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